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Die Beziehung zwischen Erzähler und Erzählung – Nesser als Meister seines Fachs

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imageHakan Nesser ist bekannt dafür, dass er Kriminalromane schreibt, bei denen der Fall selbst eher in den Hintergrund rückt. Stattdessen erzählt Nesser das Leben seiner Protagonisten in seiner ganzen menschlichen Tiefe, beleuchtet ihre Biografien und erzählt Geschichten, die eine so unerwartete Entwicklung nehmen, dass man als Leser völlig vergisst, dass es da irgendwo ja auch noch ein Verbrechen aufzuklären gilt. 

In “Himmel über London” setzt Nesser noch einen drauf und legt einen Roman vor, der nicht nur Psychologen und Krimi-Fans begeistern, sondern der auch das Herz eines jeden Literaturwissenschaftlers höher schlagen lässt. 

Klar, auch hier gibt es ein Verbrechen: Ein mysteriöser “Uhrenmörder” treibt sein Unwesen in der Stadt und zeichnet sich dadurch aus, dass er bei seinen Opfern immer eine Armbanduhr hinterlässt, die zum Tatzeitpunkt stehen geblieben ist. 

Aber über weite Strecken des Buches nimmt dieser Handlungsstrang lediglich eine Nebenrolle ein. 

Nesser untersucht vielmehr das Verhältnis von Dichtung und Wahrheit, von Fiktion und (vermeintlicher) Realität, die Beziehung von Erzählung und Erzähler und er macht dies auf eine so ungezwungene und mitreißende Weise, dass der Roman an keiner Stelle konstruiert wirkt, sondern fließt, als folgte man einer komplexen aber genial komponierten  Symphonie.

Der Leser verliert an keiner Stelle den Faden, was bei den vielen Perspektivwechseln, die uns Nesser zumutet, keine Selbstverständlichkeit ist. Es zeigt vielmehr, wie sehr hier ein Meister sein Fach versteht.

Und “Himmel über London” ist nichts anderes als das: ein Meisterwerk!

Als Fazit kann man nur sagen: Lesen! Unbedingt! UN-BE-DINGT!

Hakan Nesser 
“Himmel über London”
btb
576 Seiten


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